Vor 80 Jahren – am 4. Februar 1943 – wurden sieben Mitglieder der Moerser Familie Leiss im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet. Die Stadt Moers und der Verein Erinnern für die Zukunft haben das zum Anlass genommen, auf dem Gelände des ehemaligen KZ nördlich von Berlin eine Gedenkstele zu errichten. Am Samstag, 4. Februar, hat eine über 40-köpfige Delegation aus Moers, darunter Bürgermeister Christoph Fleischhauer und zwei Schülergruppen, die Stele feierlich eingeweiht. Die Gedenkstättenfahrt nach Sachsenhausen war eine Kooperation der Volkshochschule Moers – Kamp-Lintfort und des Vereins ‚Erinnern für die Zukunft‘.

Die polnisch-stämmige Moerser Bergmannsfamilie Leiss wurde in Sippenhaft genommen, weil ein Sohn der Familie während der Schlacht um Stalingrad angeblich übergelaufen sei. Nach der Verhaftung durch die Gestapo in Moers wurde die ganze Familie, darunter die dreijährige Marianne Leiss und zwei hochschwangere Frauen, in das KZ Sachsenhausen verschleppt und dort ermordet. Zur Abschreckung berichtete die NS-Presse reichsweit unter der Überschrift ‚Polnische Verräterfamilie unschädlich gemacht‘ über die verbrecherische Tat. Die Stele erinnert an das Schicksal der Familie und trägt den Titel ‚Aus der Welt gerissen‘. Nach dem Entwurf der Designerin Caroline Skroch hat sie der Moerser Kunstschmied Dietrich Weber gestaltet. Der Vorsitzende von ‚Erinnern für die Zukunft‘ Ulrich Hecker dankte für den Entwurf und die Ausführung.

Durch Unterstützung des Partnerschaftsvereins Ramla-Moers und des Vereins ‚Demokratie und Toleranz leben‘ konnten Schülerinnen und Schüler des Grafschafter Gymnasiums und der Geschwister-Scholl-Gesamtschule der Gedenkstättenfahrt zu besonders günstigen Konditionen beiwohnen. „Das Schicksal der Familie Leiss, ihre ungelebten Träume, sind eine Ermahnung daran, die Menschenrechte immer zu schützen”, so eine sichtlich bewegte Schülerin der Geschwister-Scholl-Gesamtschule während ihres Beitrags bei der Einweihung. Eine Schülerin des Grafschafter Gymnasiums sagte: „Heute ist es wichtig, der Vergangenheit Beachtung zu schenken, um solchen Verbrechen in der Zukunft entgegenzuwirken. Dafür stehen wir ein und dafür wollen wir viele Menschen erreichen.”

In seiner Ansprache richtete Bürgermeister Fleischhauer den Appell an die Anwesenden, niemals und unter keinen Umständen ihre Mitmenschlichkeit zu vergessen. „Historisches Faktenwissen ist wichtig, um Geschichte zu begreifen, aber hier ist ein Ort, an dem Geschichte Menschen ergreift.” Nachdrücklich formulierte der Bürgermeister seinen Wunsch, Fahrten nach Sachsenhausen und den Besuch dieses neu geschaffenen Erinnerungsortes für Moerser Bürgerschaft sowie Schülerinnen und Schüler fortzusetzen und zu verstetigen.

Neben der Gedenkfeier für Familie Leiss und einer Führung über das ehemalige KZ Sachsenhausen wurde auf der Exkursion auch in der Gedenkstätte für Euthanasie-Opfer in Brandenburg halt gemacht. Auch an diesem Gedenkort wurde nach einer Führung gemeinsam der Moerser Opfer des „T4“ Euthanasie-Programms gedacht. geistig- und körperbehinderte Menschen wurden hier, unter dem Deckmantel einer „Nerven- und Heilanstalt“ ermordet und verbrannt.

Die dreitägige Exkursion mit zahlreichen Eindrücken und Gedenkmomenten endete am Sonntagabend wieder in Moers. Besonderer Dank gilt Reiseleiter Stefan Otto-Bach von „Erinnern für die Zukunft.“

Stele zum Gedenken an die Familie Leiss
Stele zum Gedenken an die Familie Leiss